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Mein deutscher Urgroßvater

Auf den Spuren der Vorfahren

olgaaOlga Tefs aus Omsk hat ihren Großvater nie kennengelernt. Ihr Vater wuchs als Waise auf. Nur eines wusste Olga: Ihr Vater hat deutsche Vorfahren. Das wollte die 26-Jährige genauer wissen und begab sich auf die Suche nach ihren Verwandten. Im Interview mit vitamin de erzählt sie davon.

Kannst du uns ein bisschen von deiner Familie erzählen?

Meine Mama ist Russin, mein Papa hat deutsche Vorfahren. Seine Eltern sind früh verstorben, deshalb wussten wir lange nichts Genaues über die Familiengeschichte. In meiner Geburtsurkunde und in der meines Vaters ist die deutsche Nationalität angegeben. Als mein Vater seinen ersten Reisepass bekam, hatte man Angst, dass das ein Nachteil sein könnte. So wurde die Nationalität seiner Mutter, einer Ukrainerin, angegeben. Ich wollte mehr über meine russlanddeutschen Verwandten erfahren und meine Wurzeln kennenlernen.

Wie hast du das angestellt?

Im Internet habe ich gelesen, dass es Bücher gibt, mit Listen von Leuten, die vor und während des Zweiten Weltkriegs politischen Repressionen ausgesetzt waren. Ich recherchierte in der Puschkin-Bibliothek in Omsk und fand auf einer dieser Listen meinen Urgroßvater. Mit dieser Information wandte ich mich an den Inlandgeheimdienst FSB, wo ich einen Blick in die Archive werfen durfte.

Was hast du über deine Familie erfahren?

4Hpbcm0Zej4Im 19. Jahrhundert hatten deutsche Siedler auf Einladung der russischen Zarin Katharina II. im Süden der heutigen Ukraine mehrere Siedlungen gegründet. Eine davon war Halbstadt. Dort kam mein Urgroßvater 1895 zur Welt. Er hat später geheiratet und hatte fünf Kinder. Mein Großvater war das jüngste von ihnen. In den 1930er-Jahren lebte mein Urgroßvater im Omsker Gebiet. Er war wie viele Russlanddeutsche von den Repressionen vor und während des Kriegs betroffen. In den Archiven des FSB fand ich Dokumente aus dieser Zeit. Vor mir lag plötzlich die Fotografie eines Menschen, den ich noch nie gesehen hatte, der aber meinem Vater ähnlich sah! Das war ein eigenartiges Gefühl. Je mehr ich mich mit meiner Familiengeschichte beschäftigte, desto mehr habe ich über mich selbst erfahren. Auch für meinen Vater war die Recherche bewegend. Er hat mich bei der notwendigen Bürokratie sehr unterstützt. Irgendwann meinte er mal: Wer weiß, vielleicht suchen mich meine deutschen Verwandten ja auch?

Welchen Bezug hast du selbst zu Deutschland?

Ich lerne Deutsch, auch weil es mir wichtig ist, die Sprache meiner Vorfahren zu können. Ich glaube, dass ich in Deutschland noch mehr über meine Familie erfahren könnte. Der Bruder meines Urgroßvaters soll in Deutschland gelebt haben. Ich habe auch über eine deutsche Staatsbürgerschaft nachgedacht. Nicht, weil ich dorthin übersiedeln möchte, sondern weil dieses Dokument für mich eine Rückkehr zu meinen Wurzeln bedeuten würde. Das ist mir sehr wichtig. Durch die Recherche habe ich verstanden, dass ich eine große Familie habe, auch wenn sich die Spuren meiner Verwandten teilweise verloren haben.

Das Interview führte Magdalena Sturm.
Foto: privat (Olga Tefs, Fotografie des Urgroßvaters)

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