Die schönste Zeit meines Lebens
Xueke bei der Deutscholympiade
vitamin de Ausgabe Nr. 79, Regionalausgabe China
Schülerin Chen Xueke nahm im Juli zwei Wochen lang an der Internationalen Deutscholympiade (IDO) in Freiburg teil. Für die 17-Jährige aus der Fremdsprachenschule Wuhan war der Besuch in Baden-Württemberg die schönste Zeit ihres Lebens. In vitamin de erzählt die Chinesin von ihren Erlebnissen.
Herzlichen Glückwunsch, Xueke! Du durftest zur Internationalen Deutscholympiade nach Deutschland fahren. Was hast du gedacht, als du von deiner Teilnahme erfahren hast?
Ich war überglücklich. Jeden Tag sagte ich mir: „Oh mein Gott! Ich fliege nach Deutschland!“ Aber zur selben Zeit hatte ich viel Stress in der Schule, weil ich in diesem Jahr mein Abitur gemacht habe. In China muss man sehr viel dafür lernen. Deshalb war ich einerseits gestresst, andererseits fühlte ich die große Vorfreude auf meine Deutschlandreise. Und dann hatte ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich zu viel von Deutschland geträumt und nicht Chemie für das Abitur gelernt habe.
Und wie hat es dir bei der Internationalen Deutscholympiade gefallen?
Es war die schönste Zeit meines bisherigen Lebens. Bei keiner anderen Veranstaltung habe ich so viele wunderbare Menschen aus so vielen verschiedenen Kulturen kennengelernt wie in Freiburg. Besonders gut gefallen haben mir die intensiven Freundschaften, die ich gemacht habe. Beim Abschied und auf dem Rückflug habe ich viel geweint, weil ich mich von meinen Freunden trennen musste.
Mit wem hast du denn Freundschaft geschlossen?
Zum Beispiel mit Sophia aus Dänemark. Von ihr habe ich viel gelernt. Im Vergleich zu mir ist Sophia warmherziger. Sie traut sich, auf Menschen zuzugehen und Freundschaften zu schließen. Sie ist nett und engagiert. Beim Länderabend hat sie so viel geklatscht und geschrien, dass sie am Ende keine Stimme mehr hatte. Sophia hat mich so bewegt, dass ich es bereue, nicht von Anfang an offener und netter zu ihr gewesen zu sein. Ich war viel zu schüchtern, um mich mit Leuten anzufreunden, die ich eigentlich voll sympathisch finde. So habe ich jetzt von Sophia gelernt, nett, hilfsbereit und mutig zu sein.
Wie hast du dich auf die Internationale Deutscholympiade vorbereitet?
Wuhan ist eine wunderschöne Stadt, aber wenn es darum geht, mit deutschen Muttersprachlern zu sprechen, wohne ich am anderen Ende der Welt. Da ich auf der Straße nie zufällig einem Deutschen begegnet bin, habe ich im Internet deutschsprachige Freunde gesucht. Ich habe mir YouTube-Videos auf Deutsch angesehen und überall Kommentare geschrieben, in der Hoffnung, dass jemand darauf antwortet und ich Freunde finde. Ich habe dann einige gefunden und mit ihnen telefoniert, um Deutsch zu üben. Außerdem habe ich mich regelmäßig mit meinem Lehrer aus Deutschland zum Essen getroffen und auf Deutsch mit ihm gesprochen.
Welche Erfahrungen hast du mit deutschen Muttersprachlern gemacht?
Ich habe viele deutsche Freunde im Internet gefunden, mit denen ich mich richtig gut verstehe. Zwei Freundinnen haben mich auch mit ihren Familien in Freiburg bei der IDO besucht und wir haben eine wunderschöne Zeit zusammen verbracht. Deutsch ist eine Sprache, die hart klingt. Das finde ich sehr gut, weil man beim Streiten auf Deutsch das Gefühl hat, stärker zu sein.
Und würdest du die IDO anderen Deutschlernern empfehlen?
Ja, auf jeden Fall! Wer die Chance hat, bei der IDO dabei zu sein, darf sie auf keinen Fall versäumen. Das wäre eine Dummheit. Für mich war die Zeit in Freiburg die bisher schönste meines Lebens.
Das Interview führte Wilhelm Siemers.
Fotos: Andree Kaiser/Goethe-Institut (Chen Xueke (Zweite
von links) und die anderen Gewinner der IDO 2018)
Internationale Deutscholympiade
Die Internationale Deutscholympiade (IDO) ist der weltweit größte Wettbewerb der deutschen Sprache. Er findet alle zwei Jahre statt. 13 Millionen Schülerinnen und Schüler mit Deutsch als Fremdsprache an ihren Schulen sind weltweit eingeladen, daran teilzunehmen und sich in ihrem Heimatland für das Finale in Deutschland zu qualifizieren. Die IDO ist nicht nur ein Sprachwettbewerb, sondern möchte junge Menschen im Ausland für die deutsche Sprache begeistern, die gegenseitige Toleranz stärken und ihnen den Zugang zur deutschen Kultur, Bildung und Zivilgesellschaft ermöglichen. Sie wirbt auch für den Bildungs- und Arbeitsstandort Deutschland. Seit 2008 wird die IDO alle zwei Jahre vom Goethe-Institut gemeinsam mit dem Internationalen Deutschlehrerinnen- und Deutschlehrerverband veranstaltet und findet in unterschiedlichen Städten Deutschlands statt. In der Vergangenheit wurde sie bereits in Dresden (2008), Hamburg (2010), Frankfurt am Main (2012 und 2014) und Berlin (2016) ausgetragen. In diesem Jahr fand die IDO zum ersten Mal in Freiburg, Baden-Württemberg, statt.