Russisch-österreichischer Kulturdialog
Zwischen Taganrog und Windischgarsten
Am 24. Oktober 2017 trafen sich interessierte Deutschlerner und Deutschfreunde in der Fremdsprachenabteilung der Tschechow-Bibliothek im südrussischen Taganrog. Per Skype hatten sie die einzigartige Möglichkeit, eine Ausstellungseröffnung in Windischgarsten in Oberösterreich mit zu verfolgen.
Die Beziehungen zwischen Taganrog und Windischgarsten gehen auf das Jahr 2010 zurück. Damals besuchte der Singkreis Windischgarsten mit Dirigentin Claudia Berger die Stadt Taganrog und gab im Grünen Theater im Stadtpark ein Konzert. Bei der Eröffnung der Fotoausstellung „Tschechow und Taganrog“ in Windischgarsten trat der Singkreis in Österreich auf. Taganroger Schüler und Studenten verfolgten den Auftritt per Skype. Das Konzert beeindruckte die Taganroger von neuem. Die Fotoausstellung zeigte Werke von Taganroger Fotografen sowie Fotos aus dem deutschen Tschechowmuseum in Badenweiler in Baden-Württemberg. Anhand historischer und aktueller Fotografien konnte man sehen, wie sich Taganrog verändert hatte und wie zugleich die Atmosphäre der Tschechow-Zeit bewahrt wurde.
Brücken zwischen Österreich und Taganrog
Die Beziehungen zwischen Österreich und Taganrog lassen sich bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen. Die Festung von Taganrog wurde im Auftrag von Peter dem Großen (1672 – 1725) errichtet. Der Hauptingenieur beim Festungsbau war der österreichische Baron Ernst Friedrich von Borgsdorff (1680 – 1715). Der russische Schriftsteller Anton Tschechow (1860 – 1904), der berühmteste Sohn der Stadt Taganrog, schrieb 1900 in einem Brief aus Österreich: „Hättet ihr doch gewusst, wie schön Wien ist! Es ist mit keiner anderen Stadt zu vergleichen, die ich je in meinem Leben gesehen habe. Alles ist herrlich, und ich habe erst jetzt begriffen, dass Architektur wirklich eine Kunst ist! Die Frauen sind schön und elegant. Überhaupt ist alles verdammt elegant; ich hab’ die deutsche Sprache nicht ganz vergessen. Ich verstehe, und werde verstanden.“
Beziehungen wieder aufleben lassen
Anfang des 21. Jahrhunderts ließ der Österreicher Herbert Zachl, Mitglied der Deutschen Tschechowgesellschaft, die Beziehungen zu Taganrog wieder aufleben, als er sich auf die Suche nach dem Grab seines 1945 in Russland verstorbenen Vaters machte. Er brachte Menschen aus Österreich und Taganrog zusammen. Im Oktober waren es nun Dmitrij Kulitschow von der Stadtverwaltung Taganrog, Galina Polenowa, Professorin für Philologie, und Albina Ishchenko von der Deutschliebhabergesellschaft zu Taganrog, die mit der Videobrücke Österreicher und Taganroger zusammenbrachten. Veranstaltungen wie diese tragen wesentlich zur Verständigung und Freundschaft zwischen den Völkern bei und damit zur Friedensfestigung. Im März 2018 soll eine Fotoausstellung in Taganrog sehenswerte Orte in Windischgarsten zeigen.
Ewgenija Mjakotina, Bibliothekarin der Fremdspachenabteilung in der Tschechow-Bibliothek
Albina Ishchenko, Deutschlehrerin der Schule Nr. 6
Fotos: Sergej Plishenko (Videobrücke), Regionalinfo24.at (Singkreis Windischgarsten)