Zeitschriften in den Unterricht integrieren
Fortbildung zu deutschsprachigen Periodika
vitamin de, Ausgabe Nr. 90, Regionalausgabe Ukraine
Die Sprachlernzentren (SLZ) in der Ukraine, Russland und Kasachstan sind Partner des Goethe-Instituts. In ihren Kursen für Deutsch als Fremdsprache (DaF) kommen neben den Lehrwerken auch deutschsprachige Periodika zum Einsatz. Wie sich diese Zeitschriften in den Unterricht integrieren lassen, zeigten von März bis Juni 2021 drei ukrainische DaF-Expertinnen, Dr. Viktoriia Syno aus Uschhorod, Dr. Svitlana Sotnykova aus Charkiw und Olena Lebedeva aus Melitopol, in vier Onlinefortbildungen auf Moodle mit insgesamt 80 Teilnehmenden.
Der Impuls für die Fortbildung „Einsatz der deutschsprachigen Periodika im DaF-Unterricht“ kam von Dr. Ruslan Ivanytskyi vom Goethe-Institut Ukraine. Der Projektleiter der SLZ in der Ukraine äußerte die Idee auf einem Koordinationstreffen. Viktoriia Syno, Svitlana Sotnykova und Olena Lebedeva griff en die Idee auf. „Zuerst war eine Präsenzfortbildung für unser SLZ-Team in der Ukraine geplant“, berichtet Viktoriia Syno, die das SLZ in Uschhorod leitet. Aber wegen der Coronapandemie sei nur eine Fortbildung auf der Moodle-Plattform möglich gewesen. Gründe, Periodika in den DaF-Unterricht zu integrieren, gebe es einige, so die Expertinnen. Zeitschriften, wie zum Beispiel vitamin de und Deutsch Perfekt, aber auch DER SPIEGEL und kicker, würden aktuelle Lesetexte aus Deutschland bieten. Außerdem seien sie ausreichend in den Lehrerhandbibliotheken der SLZ vorhanden. Den Kolleginnen und Kollegen einen Überblick über diese Periodika zu verschaffen und ihnen Anregungen für die Integration der Texte, teils auch der Hörversionen und Arbeitsblätter dieser Zeitschriften, in den Unterricht zu geben,sei das Ziel der Fortbildung gewesen.
Sprechanlass finden und Onlinematerial nutzen
Mit den Lesetexten aus Zeitschriften lasse sich nicht nur das Leseverstehen, sondern auch das Hörverstehen üben, sofern – wie bei der Zeitschriſt vitamin de – Hörversionen und Arbeitsblätter kostenlos auf der Webseite vorhanden seien. „Dass es Hörversionen auf der Webseite von vitamin de gibt, haben viele Lehrkräfte erst in der Fortbildung für sich entdeckt“, sagt Olena Lebedeva, die SLZ-Leiterin aus Melitopol. Auch andere Inhalte der Zeitschrift ließen sich gut als Sprechanlass einsetzen. „Zum Beispiel nutze ich die Rubrik In & Out gern beim Klassenspaziergang. Die Kursteilnehmer bekommen einen kleinen Text aus der Rubrik, lesen ihn durch und erzählen sich gegenseitig die Inhalte. Danach tauschen die Partner ihre Texte“, berichtet Viktoriia Syno. Auch ließen sich dank der deutschen Erklärungen in vitamin de oder in Deutsch Perfekt Tabu-Spiele entwickeln, um deutsche Wörter mit anderen Begriffen zu umschreiben. „So wird auch der Wortschatz geübt“, ergänzt Olena Lebedeva. Auch Artikel über Sport seien für viele Deutschlernende interessant und hilfreich. „Vor Kurzem haben wir im Unterricht einen Artikel über den Fußballtrainer Jürgen Klopp bearbeitet und auch die Hörversionen und Arbeitsblätter genutzt“, berichtet Viktoriia Syno. Außerdem nutze sie oft auch landeskundliche Texte.
Verbesserung der Zeitschrift und Webseite
„Es wäre schön, wenn es mehr Hörtexte auf der Webseite geben würde und mehr Aufgaben zum Hörverstehen“, fasst Svitlana Sotnykova, pädagogische Leiterin im SLZ Charkiw, das Feedback der Fortbildungsteilnehmenden zusammen. Zudem, so ergänzt Olena Lebedeva, sollte es mehr Textbeispiele für die gängigen Goethe-Prüfungen (Goethe-Zertifikate) oder das Österreichische Sprachdiplom Deutsch (ÖSD) geben. Auf der Webseite von vitamin de fehle eine Suche nach Schlagworten, damit sich Themen leichter finden lassen, fügt Viktoriia Syno hinzu. Außerdem, so regt Svitlana Sotnykova an, sollte auf der Webseite mehr Material digital für diejenigen zugänglich gemacht werden, die keinen Zugang zum gedruckten Heft hätten. Dieses sollte gleich nach Rubriken geordnet sein. „Vielleicht wäre es möglich, die alten Zeitschriften, die zum Beispiel fünf oder sechs Jahre alt sind, ganz oder zumindest teilweise als PDF online auf die Webseite zu stellen. Das wäre eine große Unterstützung für die Lehrkräfte“, meint Viktoriia Syno. Allerdings sollten dabei auch die Interessen des Verlegers – nämlich mit der Zeitschrift Geld zu verdienen – unbedingt beachtet werden.
Zukunft des Fremdsprachenlernens
Hinsichtlich der Corona-bedingten Verschiebung vom Präsenz- zum Onlineunterricht hätten die Sprachlernzentren unterschiedliche Erfahrungen gemacht. In den Großstädten würden die Deutschlernenden, so die Beobachtung der drei Pädagoginnen, den Onlineunterricht mehr akzeptieren als in den Kleinstädten. „Viele haben die Vorteile der digitalen Mobilität entdeckt, bequem von zu Hause aus Deutsch lernen zu können – mit den Qualitätsstandards des Goethe-Instituts.“ Olena Lebedeva aus Melitopol beurteilt die Lage skeptischer. Sie verzeichne für ihr SLZ einen Rückgang an Lernenden. Auch Viktoriia Syno aus Uschhorod sagt: „Die Kursteilnehmer bevorzugen den menschlichen Kontakt im Präsenzunterricht.“ Für die Zukunſt , so stellen alle drei DaF-Expertinnen fest, werde es eine Mischung aus Präsenz- und Onlineunterricht geben. Und der Trend, Fremdsprachen zu lernen, werde sich fortsetzen, besonders für Deutsch als Fremdsprache. Damit das Interesse an Deutsch weiterhin hoch bleibt, würden auch Geschenke helfen, wie zum Beispiel im SLZ Melitopol. „Bei uns ist es Tradition geworden, auf der Weihnachtsfeier Hefte von vitamin de zu verschenken. Und wie heißt es so schön? Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft“, sagt Olena Lebedeva.
Wilhelm Siemers
Sprachlernzentren
Sprachlernzentren (SLZ) sind Kooperationspartner des Goethe-Instituts, die Sprachkurse nach dem Modell und den Qualitätsstandards des Goethe-Instituts anbieten. Das Goethe-Institut unterstützt die Sprachlernzentren durch Fortbildungen der Lehrkräfte, Lehrmittel- und Ausstattungsspenden sowie durch laufende Beratung zu Aspekten der Methodik, Didaktik und des Managements. Besonders stark ist das Netzwerk der SLZ in Osteuropa, Zentralasien und China. In Russland existieren 22 SLZ, in der Ukraine 15, in Kasachstan/Kirgisistan fünf und in China neun.
www.slz.org.ua
Fotos: Dr. Svitlana Sotnykova (Deutschlernerinnen mit vitamin de), Goethe-Institut (Logo), Sprachlernzentren (Logo), privat (Olena Lebedeva, Dr. Svitlana Sotnykova, Dr. Viktoriia Syno)