Deutsche Minderheiten online
Die Plattform Mind_Netz
Auf der Social-Media-Plattform „Mind_Netz“ des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) in Stuttgart werden Beiträge aus den Zeitungen und Radiosendungen der deutschen Minderheiten in Mittelosteuropa, Russland und Zentralasien gepostet. Mind_Netz-Redakteur Carsten Fiedler stellt die Plattform im Interview vor.
Wie ist Mind_Netz entstanden?
Die Idee einer Social-Media-Plattform für die Medien der deutschen Minderheiten wurde vor ein paar Jahren geboren und hat etwas damit zu tun, wie sich junge Leute über das aktuelle Tagesgeschehen informieren. Die Zeitungen und Radiosendungen der deutschen Minderheiten in Mittelosteuropa, Russland und Zentralasien erreichen junge Erwachsene als gedrucktes Produkt oder Rundfunk kaum noch. In der Straßenbahn liest man aktuelle Nachrichten zunehmend auf dem Smartphone statt in einer Zeitung aus Papier. Vom damaligen Beauftragten der deutschen Bundesregierung für nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk, und Vertretern der deutschen Minderheiten ging deshalb 2014 die Initiative aus, auf diesen Trend zu reagieren und Medien zu nutzen, die junge Erwachsene besser erreichen. Im November 2016 ging Mind_Netz an den Start.
Wie werden die Beiträge für Mind_Netz ausgewählt?
In unserer Redaktion lese ich jeden Tag die neuesten Artikel der circa 15 Zeitungen und höre mir regelmäßig die Radiosendungen an. Ich wähle einen interessanten Beitrag aus und poste ihn auf unseren Seiten bei Facebook, Twitter und VKontakte. Da wir Beiträge aus vielen verschiedenen Ländern posten, können die Leser auch etwas über die deutschen Minderheiten in anderen Ländern erfahren. Außerdem können sie sich über die Beiträge austauschen und miteinander vernetzen. Viele unserer Leser haben selbst gar keine Angehörigen aus der deutschen Minderheit, aber interessieren sich für deren Kultur. Andere abonnieren Mind_Netz, weil sie sich für Deutschland oder die deutsche Sprache interessieren. Mind_Netz will die deutschen Minderheiten allgemein bekannter machen.
Was ist das Besondere an Mind_Netz?
Die Plattform hat einen transnationalen Charakter. Durch die Beiträge aus vielen verschiedenen Ländern bekommt man einen guten Eindruck von der Vielfalt der deutschen Minderheiten. Auf Mind_Netz kommen auch junge Leute aus der deutschen Minderheit selbst zu Wort. In kurzen Videos zeigen sie zum Beispiel ihr Engagement für Jugendvereine. Zur Fußball-Weltmeisterschaft haben wir sie gefragt: „Für welches Land fiebert ihr mit – Deutschland oder euer Heimatland?“ Wir haben sehr witzige Antworten per Video bekommen. In der Reihe „Menschen von Mind_Netz“ erzählen uns junge Erwachsene, was die deutsche Herkunft für sie bedeutet.
Welche Geschichten sind das zum Beispiel?
Der Student Martin aus Ungarn hat aus Erzählungen seiner Urgroßmutter erfahren, dass er Nachfahre von Einwanderern aus Schwaben ist. Seitdem engagiert er sich in Jugendvereinen der Minderheit und möchte Deutschlehrer werden. Katarzyna aus der deutschen Minderheit in Polen erzählt auf Mind_Netz, dass sie ein Fan von Marlene Dietrich ist. Mit ihrer Band tritt sie mit Marlene-Dietrich-Liedern auf, weil sie Polen deren Lieder näher bringen möchte. Diese Erzählungen zeigen, wie unterschiedlich die Geschichte der deutschen Minderheiten ist.
Ist Mind_Netz auch für Deutschlerner interessant?
Ja, die Plattform ist für alle interessant, die auch etwas über die deutsch(sprachige) Kultur außerhalb Deutschlands und Österreichs erfahren wollen. Die Leser können sich über Politik und Kultur in Mittelosteuropa, Russland und Zentralasien in deutscher Sprache informieren. Die Artikel, auf die wir bei Mind_Netz verweisen, werden von ganz unterschiedlichen Autoren geschrieben. Viele stammen aus der deutschen Minderheit und sprechen neben ihrer Landessprache auch Deutsch. Andere kommen aus Deutschland oder Österreich und unterstützen die Redaktionen bei ihrer Arbeit.
Aus welchen russischen Medien wurden bisher Beiträge gepostet?
Aus Russland ist am prominentesten die Moskauer Deutsche Zeitung auf Mind_Netz vertreten. Die deutschsprachige Ausgabe berichtet auch über die deutschen Minderheiten, gibt aber vor allem einen Einblick in die Gesellschaft Moskaus sowie Russlands allgemein. Typisch sind Berichte über neue Trends des Moskauer Lifestyles und tiefgründige Reportagen über das Alltagsleben in Russland. Wir posten auch Artikel aus der Online-Rubrik „Deutsche Minderheit“ von „vitamin de“ und dem Blog „Russlanddeutsche“, auf dem Angehörige der deutschen Minderheit in Russland und ihre Nachkommen persönliche Geschichten über ihr Leben und das Schicksal ihrer Vorfahren erzählen.
Das Interview führte Magdalena Sturm.
Fotos: Hans Scherhaufer (Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk MdB und
Staatsministerin Prof. Dr. Maria Böhmer MdB mit dem ifa-Team), privat (Carsten Fiedler)