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Ein Film im Kopf

Geschichtenerzählerin Katharina Ritter

vitamin de Ausgabe Nr. 80, Regionalausgabe Zentralasien

Katharina Ritter3 Foto Elena PerevjortovaDie Geschichtenerzählerin Katharina Ritter besuchte im Oktober 2018 auf Einladung des Goethe-Instituts Almaty zehn Schulen in Kasachstan und Turkmenistan, um den Schülern Geschichten zu erzählen. Anlass ihrer Reise war das zehnjährige Jubiläum der Initiative „Schulen: Partner der Zukunft“ (PASCH).

Was genau haben Sie mit den Schülern unternommen?

Für die Schüler habe ich ganz frei und direkt Geschichten erzählt. Mit viel Gestik und Mimik, so verstehen Schüler eine Geschichte sehr gut, auch wenn sie Sprachanfänger sind und nur ab und zu eine Vokabel übersetzt bekommen. Die Schüler sollen sich reinhören und nicht zwischen Mutter- und Fremdsprache hin- und herschalten. Das funktioniert ganz prima – überall auf der Welt.

Wie haben die Schüler dabei mitgemacht?

Das „Nur-Zuhören“ wird ja oft unterschätzt. Wenn wir eine Geschichte hören, entwickeln wir uns dazu einen eigenen „Film im Kopf“. Das ist unglaublich aktiv. So wird das Erzählte zur eigenen Geschichte. Eine mündlich erzählte Geschichte versteht man viel besser als eine vorgelesene Geschichte.

Wie wählen Sie die Geschichten aus?

Die Geschichten sollten zu den Deutschlernern passen. Jugendlichen möchte ich keine „Baby-Geschichten“ erzählen, bloß weil sie Sprachanfänger sind. Die Märchen der Brüder Grimm eignen sich dafür wunderbar. Sie sind wild, gefährlich und lustig. Ich habe einen großen Schatz an Geschichten, die auch in anderen Kulturen erzählt werden. Die Schüler kennen die Motive also schon. Sie mögen es auch, wenn ich Wörter ihrer Sprache einbaue – egal ob Kasachisch oder Turkmenisch. Ich hab die Aussprache nie richtig hinbekommen und das war für alle Beteiligten sehr lustig.

Wie war Ihr erster Eindruck von Zentralasien?

Beim Ausstieg aus dem Flugzeug in Karaganda gab es mitten im Oktober einen Schneesturm. Das Abenteuer begann mit einem Taxifahrer und einem Zettel, auf dem „Goethe“ stand. Es war dunkel, es stürmte und schneite. Mit dem Taxi fuhr ich eine sehr, sehr lange Straße entlang. Irgendwann ein Licht, dann ein Haus. Eine Dame stand in der Tür und sagte: „Welcome – it is warm inside“.

Wie wird man „Geschichtenerzählerin“?

Gute Frage … Die Wege sind unterschiedlich. Ich habe als Produktionsleiterin beim Film gearbeitet. Da brauchte man viele Leute und viel Geld, um eine Geschichte zu erzählen. Ich habe anderen dabei geholfen, ihre Geschichte zu erzählen. Irgendwann wollte ich selbst kreativ sein. Ich habe den einfachsten Weg gewählt, eine Geschichte zu erzählen. Ich brauche nichts, außer eine gute Geschichte und natürlich Menschen, die zuhören. Inzwischen bin ich seit 20 Jahren professionelle Geschichtenerzählerin

Das Interview führte Wilhelm Siemers.
Fotos: Elena Perevjortova (Katharina Ritter), Auswärtiges Amt (PASCH-Logo)

PASCH-Initiative

Die Initiative „Schulen: Partner der Zukunft“ (PASCH) wurde 2008 vom Auswärtigen Amt ins Leben gerufen. Sie unterstützt weltweit mehr als 2000 Partnerschulen in rund 120 Ländern bei der Einführung und Ausweitung des Deutschunterrichts. PASCH wird vom Auswärtigen Amt koordiniert und gemeinsam mit der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen, dem Goethe-Institut, dem Deutschen Akademischen Austauschdienst und dem Pädagogischen Austauschdienst der Kultusministerkonferenz umgesetzt.

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